VOM SCHÄLEN DER FINGER

LUST.

Meine Hände sind eine Katastrophe. Beide Daumen links und rechts vom Nagel fast bis aufs Fleisch aufgerissen. Die Nägel wellig, breit, verformt. Ich betrachte meine Zeigefinger. Da wo ich den Nagel von meinem Mittelfinger gut einhaken kann, ist die Haut weggerissen. Ringfinger: malträtiert. Am schönsten sehen die beiden kleinen Finger aus, nur am linken klebt eingetrocknetes Blut. An der Innenseite, da, wo mein Daumennagel so perfekt hinkommt. Wie ein Schlüssel ins Schloss passt er. Klick. Einhaken. Aufreißen.

Ich lackiere meine Nägel wieder ab. Zu viel Aufmerksamkeit. Da würde ich auch nie einen Ring dranstecken.

THE PEELING OF MY FINGERS.

VOM SCHÄLEN MEINER FINGER.

Zuerst umkreist der Zeigefinger den Daumen. Suchend. Er reibt an den Seiten, fährt von links nach rechts über den Nagel und die angrenzende Haut. Immer und immer wieder. Fast so als würde er versuchen den Nagel mit der Fingerkuppe glatt zu polieren. Es ist ein Spiel. Beide Finger wissen, was passiert und zögern es heraus. Kreisen umeinander, reiben sich. Haut an Haut. Nagel an Nagel. Dann, fast wie aus versehen, bleibt der Nagel des Zeigefingers an der Nagelhaut der Daumens hängen. Es kribbelt. Tausend Ameisen auf meiner Haut. Der Zeigefingernagel gräbt sich ein bisschen ein, aber noch nicht tief, noch nicht schmerzhaft. Fast liebevoll fährt er den seitlichen Nagelrand des Daumens ab. Fast so, als wollte ich testen, ob eine Nageldicke dazwischen passt, als wollte ich sicherstellen dass Daumennagel und Daumenhaut auch wirklich voneinander getrennt sind. Fast wie im Nagelstudio, wo mit einem Rosenholzstäbchen die Haut vom Nagel geschoben wird. Zumindest glaube ich das. Es kribbelt. Überall.

Der Zeigefingernagel bohrt sich ein bisschen tiefer in den Spalt. Bewegt sich, von unten nach oben. Von unten nach oben. Wieder und wieder und wieder wieder. Ich halte inne.

Noch ist nichts passiert. Noch ist es nicht zu spät aufzuhören. Ich muss einfach nur den Zeigefinger vorsichtig aus der Nagelhautlücke heben.

Ich muss eine andere Beschäftigung finden. Noch kann ich aufhören. Noch kann ich morgen schöne Hände haben. Fingerspitzen die sich sich zeigen dürfen. Passend zum Püppchengesicht, den langen Wimpern und dem akzeptiert unterernährten Körper. Noch kann ich aufhören. Kann Bilder von Champagnergläsern in meiner Hand machen, oder Iced Lattes, oder von anderen Fingern, starken, männlichen, die sich mit meinen verhakten. Noch.

Ich balle meine Hände zu Fäusten. Öffne sie wieder. Irgendetwas anderes tun. Ich kratze über meine Arme, fahre über meine Lippen, befühle meine Ohrläppchen, zupfe Flusen von meinem Oberteil, bohre sogar in meiner Nase. Meine Haut kribbelt. Ich stehe unter Druck. Mein Herz rast. Und schließlich, nach ein paar letzten Faustballungen, nach dem letzten verzweifelten Ablenkungsversuch, bei dem ich meine komplette rechte Hand in den Mund stecke, findet der Zeigefinger zurück zum Daumen, der Nagel gräbt sich wieder in seine Lücke und in dem Moment wo er gut steckt, zieht er ein bisschen nach außen. Einhaken, ziehen. Einhaken ziehen. Die blasse Haut weicht, die rosa-rote kommt hervor. Ich schiebe die obere Schicht langsam weg und ziehe die Haut unter dem Nagel hervor. Einhaken, ziehen. Einhaken ziehen.

Serotonin. Das Kribbeln wird von einer warmen Welle puren Glücks abgelöst. Ich fühle meine Mundwinkel nach oben wandern. Meine Augen werden wässrig. Einhaken, ziehen. Einhaken ziehen. Manchmal gibt der Zeigefingernagel auf. Verbiegt sich nach oben. Dann kommt der Mittelfinger zum Einsatz. Einhakten und ziehen.

Zwischen Nagelhaut und Daumennagel klafft jetzt eine größere Lücke. Jetzt wird es kritisch. Denn das Ziel ist es, in einem Zug soviel Haut wie möglich vom Finger zu schälen, ohne dabei zu tief zu reißen. Wie bei einer Zwiebel. Ich will die obere Schicht lösen. Von der rechten Nagelseite langsam rund um den Nagel, bis zur linken Seite. Vorsichtig. Je größer das Stück Haut – desto besser.

Geht man zu tief, kann man nicht mehr schälen, nicht mehr reißen, dann gehts ins Fleisch und dann muss man zur Schere oder zu einem kleinen Messer greifen. Nur beim Schneiden bleibt immer eine Kante die in den nächsten Stunden verhärtet und austrocknet und deswegen unablässig und über Tage bearbeitet werden muss. Und das bedeutet mit blutenden Daumen im Mund in der Bahn sitzen. Mit blutendem Daumen mit Mund im Meeting sitzen. Mit blutenden Daumen im Mund versuchen sexy zu sein, mit blutendem Daumen mit Mund versuchen nicht zu heulen. Blut ist schlecht, das geht auch nie wieder aus den Seidenblusen und schönen Kleidern raus.

Der perfekte Schälvorgang ist der, bei dem Haut zurückbleibt, roh aber rosa. Keine Fleischwunde. Der perfekte Schälvorgang lässt sich mit Bepanthen behandeln. Ohne Pflaster.

Einhakten und ziehen. Einhakten und ziehen. Einhakten und ziehen. Der Moment ist wie ein Rausch, ich bin höchstkonzentriert, meine Finger chirurgische Präzisionswerkzeuge. Schmerzen? Keine. Die kommen erst später. Wenn ich versuche eine Tüte Nüsse mit meine malträtierten Fingern zu öffnen und die entzündeten Nagelbetten es unmöglich machen fester zuzugreifen.

Dann kommt der Ekel. Der Ekel kommt, wenn ich die Hautfetzen von T-Shirt und Hose schüttle. Von meinem Bürostuhl, von meiner Bettdecke, von seiner Bettdecke. Der Ekel kommt, wenn ich ein Stück Haut nicht mehr mit den Fingern zu greifen bekomme und dann mit den Zähnen nachhelfen muss um es vom Finger zu reißen. Wenn ich das Stückchen zwischen meinen Schneidezähnen zerkleinerE und runterschlucke.

Dann kommt auch die Scham. Bei hässlichen Händen hilft das Püppchengesicht auch nicht weiter. Ein Blick auf meine Hände sagt alles. Disziplinlos. Eklig. Ich schwöre mir: nie wieder und während ich das schwöre, kribbelt meine Haut. Da steckt doch nie jemand einen Ring dran. Und es brodelt unter meiner Haut während ich mir auf Instagram perfekt manikürte Hände ansehe, bemerke ich gar nicht, dass der Daumen längst am Ringfinger kratzt. Eine kleine Lücke findet. Einhaken und abreißen.

Einhaken und abreißen. Einhaken und abreißen.

Da steckt nie jemand einen Ring dran. Eine Welle des Glücks erfasst mich als ich ein perfektes Stückchen Haut abziehe. Da steckt nie jemand einen Ring dran. Gut so.

Ich glaube, dass ist gut so.

The Tooth

You won’t believe this story, but it’s true, well … Besides the made-up parts. You know like the one about my front tooth. That one is an absolute lie. I’m also pretty sure that I’m way older than I am about to tell you – unless my mom was an absolute fucking liar too. Then I might as well be exactly 29,3 years old. You probably give a shit about my age, all you care about is the lie about my tooth, but we are not there yet. First, we start with the truth. And nothing but … Who am I kidding?

 

We start in a dark room. I’m sitting in a dark room. On a plastic chair. How depressing. Oh, there she comes. Miss moon-washed-jeans-and-dark-hoodie. God, I know exactly what she wants, she wants to hear a good story. She switches on the voice recorder. Her upper lip is very thin. Nice teeth. She wants me to tell her about last night. Ok, let’s do this. I’ll tell her.

 

We start in my kitchen. We start in our kitchen. It’s me, in here, on my own. He just went out to get breakfast. Eggs and milk and bread. He was on a business trip. I was home, and I didn’t get any eggs or milk or bread – I really didn’t care about that. I got wine. And herpes from sharing a cigarette with our local bum. Maybe it was a beer. Anyways, I look pretty in our kitchen; I’m happy that he is back, I’ve missed him. I’m a bit angry with myself for not getting the damn eggs, but I’ll make it up. I’ll unpack his bag. Like a good girlfriend. Like a good wife. His bag is in our bedroom. I got him that bag years ago. Cost me a fortune back then, back then when I was always broke and living off the salary of an intern. He would tell you that my parents paid my rent but who’s to say that he tells the truth?

 

The bag is open already, as if he quickly unpacked the most important stuff, like his laptop, I guess. I can’t even remember when he got back; was it last night? No, it was this morning, I remember him kissing my cheek right where the sunlight hit it through the window. Why didn’t he kiss me on the lips? The Herpes? Perhaps.

 

Back to the bag. I crouch down next to it, pick up a shirt, and throw it onto our bed. Another one. Some undies. Another shirt. Bags of candy. Pig. We don’t eat candy here. Another shirt and then, there it is: his hard drive. It’s black with pink tape around it. He always carries it with him, in his work bag and travel bag. Sure, nothing unusual; he is a photographer and needs the storage. Pretty sure that this is for work. Pretty sure that I’m gonna hate myself for doing what I’m about to do. Pretty sure that he didn’t kiss me on the lips, just on the cheek, like I’m the friend of a friend at a snooty dinner party. Not his girlfriend. The Herpes! Well, fuck it, it’s too late now anyways. I connect the hard drive to my laptop.


I click-click. Type: W H A T …


I don’t even need to enter the S. Click-click. Enter. Index finger on the “down” arrow. Click. Click. Click. Click. Click. Click.


Click.


I hear a heavy, dense wind. I hear the sound of thick, salty waves. I hear a click, click, click. The wind: my breath. Fast out, almost nothing in. Salty waves and the blood rushing through my ears are making me almost deaf … all build into a rhythm. Click. All the air in the world – leaving my lungs. Click. The heavy waves. I feel like a kettle about to burst. Click. And no one is here to turn the heat off.


The last click is down.


The waves calm down, and the wind dies. I hold my breath as I copy the folder onto my desk. Pixels and pixels of his dick and some cunt. I pull the cable. I stuff his shit back into the damn fucking bag, bury the hard drive between his undies, and walk to the bathroom.


When did he leave to get the bread and milk and eggs? I need a shower. My cheeks are wet. Why didn’t he kiss me on the lips?
 

He comes back. Whistle on his lips. My body wrapped in towels. I’m not hungry, but I eat the damn fucking eggs anyways. I do it for him. He went out to get them. Of course, I was angry, but then again, it’s just a cunt. I mean fucking ain’t love. I was just angry because he lied. You know. We had a nice day. I was happy he was back. I was just sad because he didn’t kiss me on the lips. The herpes wasn’t that bad. Look, it's almost gone already. Look. Can you still see it? Can you?

 
“Miss Meyer, please stay calm. Do you want some water?”


I want to know if you can see my herpes.


“That’s really not the topic here.”


Well, it is to me. If your boyfriend comes back after like two fucking weeks away, does he kiss you on the cheek? Wouldn’t kiss me on the mouth. Asshole. I don’t even like eggs. Where is my damn water now?


“Can we please talk about what happened next?”


So, your boyfriend kisses you on the lips? Or girlfriend? Husband?
 

“This isn’t about my partner.”


No partner. Cool. Thought so. Water?


“What kind of eggs?”


What kind? What does it fucking matter? Scrambled. I think. I don’t even like eggs. Why did he fuck around? No, actually, the question is, why did he fuck around and film it.

Boiled! They were boiled. We had no olive oil left. He boiled them. Soft. Because he thinks I like them soft.


“But you don’t?”


No.


“What happened after that?”


We went out for a walk. I mean I blew dry my hair first. That always takes a while. I have really thick hair. I have nice hair. He likes my hair. No idea why he would fuck some blondie. Not even his type.


You know you need to use a lot of product with thick hair like mine. Keep it shiny. And sleek. My hair looked great. Everyone said so.


“Did he?”


What kind of questions is that?


“I’m interested, did he say anything nice to you?”


He boiled eggs.


“Which you don’t like.”


He doesn’t know. He loves me. I love him. We were really happy. We went for a walk. The weather was nice. Not too hot. And we had some wine. We love day drinking. You know that’s the couple we are. Saturdays, we buy groceries and drink wine. Riesling.


“You walked outside and got drunk together.”


Yes. It was dreamy. We held hands, you know we always do.


“Where exactly did you go?”


Here and there.


“I thought it’s something you always do, so you always go to the same places?”


Like I said here and there. We start by the river and just stop at all the nice places.


“If I asked someone if they recognized you, would they?”


Excuse me?


“What would they say? Would they say you two had a fight?”


Please.


“Would they say you screamed at him?”


I never scream. Wanna talk to someone who screams a lot? Call that cunt he was fucking.


“Please. Stay calm.”


No. I didn’t. Neither did he. We were holding hands, and we drank Riesling. We ordered champagne at some point.


“Where?”


Can’t remember. Maybe at the third location. It’s just that I got a bit tired and so I needed something to wake you. And he wanted oysters.


“None of the places you mentioned offers oysters.”


I know. But he wanted some, so we got into a car to another place.


“A taxi? Did you order with an app?”


Of course. Don’t you?


“What next?”


Oysters. And more champagne. You know, the first time ever I had an oyster was with him, in Berlin. It was disgusting. But now I really love it. So fresh. And they taste better with something sparkly. He was in such a good mood. He ordered more drinks. And we went shopping.


“What did you buy?”


Wine. Red. And some fresh pasta. I’m a good chef, you know. Can I get more water?


“In a minute. So, you went home?”


No, we met some friends. They were in our neighborhood. And we had wine. Also, it was quite late by then and I was super horny. I mean, I was super horny, and I was still a bit sad.


“Because you found those videos?”


No, because he didn’t kiss me on the lips.


“Sure.”


We went to see some friends, and we kissed in the taxi. I like that. Makes me feel, you know … I don’t know. Maybe young. Like a star. And really, my herpes was almost gone.


“Where did you meet your friends?”


In our place.


“Did you tell them about the videos?”


No. I made the pasta. Told you I’m a good chef.


“You drank more?”

Yes. We had those bottles of wine. The pasta was really good. I think they all liked it. We had no olive oil. But I used butter. I think they really liked it. It was a perfect night until the thing with my tooth happened.


“What happened?”

 
We drank red wine. Barolo and Amarone. Really thick, nice, sweet red wine. And we listened to music. And my favourite song came on. You know I’m a bad singer but a great performer. And it was my favourite song. I needed a mic to perform. Everyone was singing and we danced, we all danced. And so I grabbed the bottle. The Amarone. I needed a mic, so I grabbed it with a lot of, you know, passion, and I crashed it against my front tooth. Bang.


I broke my tooth.


“What else?”


What else? Any idea how shocked I was? I had my tooth in my mouth. The bottle also broke. The wine was everywhere! Do you know how expensive that Amarone was? I was shocked. But he laughed. I mean, I had just knocked my tooth out, and he laughed, red wine all over my clothes.

 

“What did you do then?”

 

I grabbed my coat and ran outside. Called a taxi. You know what happened. I went to the ER.

 

“And that’s all? You knocked your tooth out, spilled the wine, and got a taxi on your own?”

 

Yes. The others were dancing.

 

“Miss Meyer, the taxi driver that picked you up, said you were covered in blood. You stank of alcohol. He said you still had half a bottle in your hand. Do you remember?”

 

I knocked my tooth out. I was covered in red wine. Pretty sure he stank too. I wanted to get my tooth fixed.

 

“He drove you to the ER and called the police. He told them where he’d picked you up. Remember what happened at home?”

 

Why the fuck do I have to tell you over and over again? My friends were dancing and drinking. I wanted to get my tooth fixed. Any idea how ugly I looked with that crooked tooth?

 

“Your friends weren’t dancing.”

 

What?

 

“Wanna know what we saw when we came into your home? We saw your friends, and they were covered in blood. Lying in a sea of wine and blood. Two had their throats slit open. Probably cut with a broken wine bottle. The third one. Your boyfriend was in the bathroom. He also had his throat cut. Actually, his whole upper body was full of cuts. He was slaughtered.”

 

We had a lot of wine. I broke my tooth.

 

“I think you should tell me what really happened.”

 

You know, they were all clumsy dancers and quite drunk.

I know you won’t believe this story, but it’s true. It’s all true. I was at home, with my herpes, my boyfriend came back, he didn’t kiss me on the lips. He had fucked some cunt. But didn’t kiss me on the lips. We drank, we danced, and I made great pasta. We had some Amarone. I broke my tooth. I broke my fucking tooth off! Do you have any idea how fucked-up I looked with that broken, crooked tooth? You have no fucking idea how that felt. That tooth in my mouth. That bottle in my hand. 

 

Can I get some more water? Please?

Swipe-Phobia

Together forever.
Escaping your ex-boyfriend in the cloud age.

Rot in hell you piece of arse.
Some break-ups are messy, dramatic, and honestly absolutely fucking shit. They cost you every bit of strength and energy. And no, you do not want to stay friends. So, you take all your old pictures and burn them to a smelly, black, ugly ,fucking paste and move on – until you make an uncontrolled swipe right on your iPhone and end up on that “left from home screen”-screen and stare right at your past.

What was clearly invented to remind you of fun times, laughs and “Oh my god!”-weekends, creates a real visual problem for everyone who doesn’t live in a candy cotton world. Just imagine you come out of a long relationship, so you have tons and megatons of pictures on your phone and in your cloud – of and with that specific other person – chances to see their face whenever you go left from your home-screen are pretty damn high. And with every picture you must relive whatever situation you were in on that 21. Of June in 2019, 0r 18 or 20.

The sofa is yours. The table is mine.
Even if your break-up was a very grown-up respectful one, the one, where you do stay friends and visit each other at the new apartment (and even bring salt and bread) it can still hurt to be reminded of an old life every time you swipe. Especially, if you have a new someone in your life.

What makes this “swipe-phobia” even worse is, that the algorithm behind the “pic of the day” makes absolutely no sense. Swipe and your new boyfriend has a 50-50 chance of seeing you drunk with your girlfriends or a lovely portray of your ex. Preferably naked. Or with you standing next to him, lusting after him, glowing with love and admiration.

What to do with the masses of pictures?
Delete them? Sure, you could, but wouldn’t that mean deleting a part of you too? And what about the pictures that show him but also other friends? You can’t just throw the whole gang under the bus. Even worse, what if you have a family? Delete your kids? Impossible.

Accept it? Embrace it as part of your history, take another megaton of new pictures and wait years till the old ones slowly fade out? Maybe – but you are aware that the same shit is happening on his phone. One swipe and swoosh, there you are, stuffing your face, looking grumpy as fuck, laughing like a horse, walking like a duck, drunk as fuck.

What a nice thought!
Especially, if he has a new someone in his life.

Dilemma.
The cloud creates a whole new set of break-up questions like: shall we both delete each other? No wait, you have pictures of me that I don’t have, so let’s first create a shared folder, upload every picture that we have of each other and then … then what?

Dear fucking cloud, you got to listen.
This is the part where this collection of words turns into an idea. As our gallerys are very well able to recognize faces, why can’t we “blind” some. Stop them from turning up on the screen. It doesn’t have to be forever. Maybe we start with “blind for 6 months” …

Just and idea.
But until I have a perfect solution, I will train my thump to swipe left. Only.

 

 

 

Zwei Berge

Die Frau mit der Maske sagt zählen Sie bis zehn.

Eins.

Zwei.

Drei.

Sie wollen mich wohl verarschen! Ich merke überhaupt nix, da müssen Sie nochmal nachlegen, das ist überhaupt nichts drin.

 

Weißt du, dass mit der Politik, das ist alles schon ganz gut so.

Ich kenne das Gesicht neben mir nicht, oder doch? Sieht irgendwie aus, wie meine Mutter. Aber wo bin ich hier eigentlich? Ich gebe mir große Mühe seriös zu wirken.

Merkel! Tolle Frau.

Das Gesicht drückt meine Hand.

 

Mir schießen Tränen in die Augen. Grüner Schleim und blassgelbes Wasser läuft aus meinem Mund … vermutlich Magensaft. Ich bin zu schwach, um richtig zu würgen, deswegen lasse ich es einfach laufen. Mund auf, den hochroten Kopf über das Klo gehängt, läuft es einfach. Ich mache trotzdem ein paar Würgegeräusche, die sechs Augen im Nebenzimmer sollen ruhig auch was davon haben.

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Zurück im Bett.

Meine Hand wird wieder gedrückt. Eine A4 Seite mit Essensoptionen angestrichen.

Na, was wird wohl leichter wieder auszukotzen? Der Fisch!

 

Um zwei Uhr nachts verschwindet dann der letzte Narkosenebel. Nichts als Schmerzen.

Ich klingle nach der Nachtschwester. Jetzt werden wieder Hände gedrückt, aber auch weiße Tabletten aus Blisterpackungen.

Muskel zerschnitten. Vermutlich. Passiert.

Ich schlucke die Tabletten.

Danke.

 

Am nächsten Mittag holt mich mein Freund ab. Durch die Eingangshalle, durch die ich gestern in Stilettos und Seidenbluse reingetänzelt bin, schlurfe ich jetzt von ihm gestützt raus. Schildkrötengang. Schonhaltung sagt der Arzt dazu.

Links und rechts von meinen Brüsten – nein aus meinen Brüsten – fließt Wundsaft und Blut durch dünne Kunststoffschläuche in kleine Kunststoffkanister. Ekelhaft.

Wir platzieren die beiden Kanister auf meinem Schoß und fahren mit dem Peugeot los. Über Kopfsteinpflaster. Mir laufen bei jeder Erschütterung die Tränen. Die Kanister füllen sich.

In meinem Kinderzimmer steht ein großer Spiegel und davor ich. Als gut verpackte, schwer geschlauchte, Schildkrötenversion. Ich drehe mich ins Profil.

Eine Woche. Eine Woche Schmerz und Schildkröte, dann Fäden raus, Spezial-BH an.

Ich drehe mich zurück. Versuche mit den Händen die neue Silhouette zu begreifen. Augen zu, Schläuche wegdenken.

Drei Nächte liegt der rechte Kanister rechts von mir neben dem Bett auf dem Boden und der linke, links, daneben meine Mutter. Auf dem Bett ich. Nein, eher Neu-Ich. Ich und meine neuen Brüste. Ibuprofen zum Abendessen und Träume von wackelnden, hüpfenden, schwingenden Brüsten. Brüste, die man anfassen kann, greifen, so richtig, ohne dabei mit aller Gewalt das Seitenfett mit in die Push-Up BHs oder Tops quetschen zu müssen.

Als die Schläuche gezogen und der Verband gewechselt wird, sehe ich sie zum ersten Mal.

Prall. Zu groß. Die Haut glänzt. Gelblich verfärbt.

Aber meine.

Hallo, ich seid jetzt ich.

Das schwillt noch ab.

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This is an excerpt from my short story “Zwei Berge/Two Mountains” written for
Women Writing Berlin Lab.

 

"Die Grissinifrauen."

Das sind, in loser Reihenfolge, Ausschnitte aus meinem unveröffentlichten Roman “Pfützen”. Alles in der biografisch inspirierten Erzählung ist wirklich passiert, nur nicht alles mir. Here are some short excerpts from my soon-to-be-published book “Puddles”.
(…)

 

Irgendwas ist in meinem Mund.

Es ist mein Schneidezahn. Mein abgebrochener Schneidezahn. Verdammt.
Mein Spiegelbild lächelt mir in schönster Hartz4-Manier entgegen. Ich geh ganz nah ran, kratze mit dem Fingernagel an der Bruchstelle rum. Scheiße. Mit der Zunge fahre ich über die Kante und schneide mich fast. Man sieht das Scheiße aus.

Wenn es wenigstens eine gute Geschichte gäbe.

„Wie haben Sie sich den Zahn abgebrochen?“
„Oh, ich war in Restaurant, als ein Terrorist reinkam, ich roundhousekickte ihn um, er schlug zurück, Zahn raus, aber am Ende habe ich trotzdem gewonnen. Hunderte Menschenleben gerettet. Ich bin so Dankbar für die BILD der Frau Auszeichnung des Jahres.“

Oder so:
„Oh, Beyoncé lief im Club und beim Standing Split habe ich mir mit dem Knie den Zahn rausgebrochen.“
„Beim Rennen auf die Fresse gefallen.“
„Beim Sex auf die Handschellen gebissen. Because, I’m a crazy bitch”
„Zu hart geknirscht.“

Nichts von alledem. Ich bin der einzige Mensch, der sich an einem Grissini den Zahn abbricht. Überhaupt das ganze Grissini-Ding. Wer isst Grissini überhaupt? Grissini, sind für Menschen gemacht, die von Dolce Vita träumen und dann bei Vapiano Grauburgunder trinken. Grissini essen ist der Inbegriff von aufgeben. Die gebackene Kapitulationserklärung an ein aufregendes Leben. Die brotgewordene Durchschnittlichkeit. Nichts, absolut nichts an einem Crossini ist aufregend. Man hätte es salzen können aber nein. Das Grissini traut sich nicht mal das. Grissini ist in Dorfdiscos den enthusiastischen Disco-Fox Tänzer knutschen. Ohne Zunge. Oder mit zu viel Zunge. Grissini ist Einkaufstüten von Zara und Victoria’s Secret auf dem Schrank sammeln, neben den „Absolut“ Vodkaflaschen (Vanille und Zitrone). Grissini ist lauwarmer Bailys und Fruchtsecco. Grissinis bekommen Kinder die Tim heißen. Heiraten in schulterfreien Kleidern, die „schlicht aber mit Spitze sind“, Grissinis sagen Dinge wie: „Das müssen wir unbedingt wiederholen“ und „Ich bringe einen Griechischen Salat mit“. Grissinins denken Salat mit Kuhmilch „Schafskäse“ ist Griechisch.

Grissinis stehen auf jeder Party und sind trotzdem nie wirklich dabei. Meistens schwimmen sie irgendwann zerbröselt in einer halb ausgetrunkenen Cola. Mit einem Schuss „Jacky“.

 Es klopft an der Badezimmertür.
„Alles ok?“
„Alles Grissini.“

Ich kratze wieder an meinem Zahn. Grissinis. Niemand liebt sie, niemand hasst sie, niemand wir sich jemals an einen besonderen Abend mit Grissinis erinnern. Und ich habe es so satt ein Grissini zu sein.

Grissinis sind meistens Frauen denen zu oft gesagt wurde: reiß dich zusammen, sei leiser, zieh dir was anderes an, benimm dich anständig. Frauen die gehört haben: sei nicht aufdringlich, forder nicht zu viel, sei dankbar, beschwer dich nicht.

Grissini Frauen rasten nicht in der Altstadt aus, schmeißen keine Flaschen nach ihren untreuen Arschloch Freunden, laden keine Rachepornos hoch. Wer ein Grissini ist, ist keine „Crazy Bitch“.

Aber was ist jemals Tolles in der Welt entstanden, wenn sich die Menschen anständig benommen haben? Nichts. Fuck appropriate.

Es braucht mehr Crazy Bitches. Crazy Bitches landen auf Titelseiten und Tittenseiten. Es braucht mehr Frauen, die nach einem Streit alle seine Schallplatten zerkratzen und dann mit seinen Kreditkarten und jedem linken Schuh abhauen. Mit stolzgeschwellter Brust und hocherhobenem Kinn laufen sie in die Nacht, blicken noch einmal über ihre Schulter und lächeln.

Ich kratze wieder an der Bruchstelle rum und schaffe es sogar noch ein bisschen mehr Zahn abzubrechen.
Ich lächle mir zu. Ich sehe aus wie die schärfste Hartz4-Empfängerin, die jemals auf ein Grissini biss – und wie jemand, der sich garantiert nicht anständig benimmt. Das ist gut. Das ist sehr, sehr gut.

 

Fuck appropriate.

Fuck appropriate.

"Das erste Mal."

Das sind, in loser Reihenfolge, Ausschnitte aus meinem unveröffentlichten Roman “Pfützen”. Alles in der biografisch inspirierten Erzählung ist wirklich passiert, nur nicht alles mir. Here are some short excerpts from my soon-to-be-published book “Puddles”.
(…)

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Mein echtes erstes Mal hatte ich dann zehn Jahre später.
Mit Licht aus und Socken an. Im Hochbett. In einem ca. 10qm Jugendzimmer.
Mein damaliger Freund war sehr sportlich. Und sehr schlau.

Missionar funktioniert nicht. Gar nicht. Dabei sollte doch alles einfach glatt laufen oder noch besser gleiten. Ah! Ah! Freude und fertig.

Ich wechsle nach oben und denke, dass ist das verrückteste, was jemals Menschen beim ersten Mal getan haben. Irgendwann läuft dann doch alles wie geschmiert und wir tun es fünfmal. Ich blute seine komplette Bettwäsche voll.

Am nächsten Tag sitze ich im Bus auf dem weg nach Hause. Mein Unterleib ist ganz komisch taub, bei jedem ruckeln vibriert alles angenehm, unangenehm.

Ich sitze mit breitem grinsen im Bus und denke, jetzt ist alles anders. Jetzt bin ich erwachsen. Und alles ist anders, nur die Socken, die sind noch die gleichen wie letzte Nacht.

 

JAWOHL & THE STREICHHOLZSCHÄCHTELCHEN

Jahwohl & the Streichholzschächtelchen ist ein Theaterstück für 8 Personen. Das Stück wurde im Dezember 2018 uraufgeführt. This piece is dedicated to my boyfriend. A man who likes to call me bossy in public and Hitler when no one can hear it. No worries, our thearpist is on it.

ALL IN ONE ACT.

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We see two people lying next to each other. On one side, next to the male person stands a lamp. The light is bright and shines directly at the audience.

Female voice: “Turn off the light!”
Male voice: “Jawohl, mein Führer!”

He turns the light off and the background lights are turned on.
Now a group of people comes onto the stage from the front. Marching. Screaming: “Jawohl! Jawohl!!”. With every step. They salute and stand left and right from the bed. Then they sit down, on their knees – in a relaxed pose.

The female character sits up straight in bed and with a smile talks to them like a grandma to her grandkids.
“Oh no worries: Mädels! He doesn’t mean it that way. Communicating is always tough and especially when you love an English man. Just remember, when you get too demanding he calls you good old “one ball only” Adolf.”

The people on the floor scream: “Jawohl!” while they sit up straight again. Then they go back zto being more relaxed.

Female voice: “Ha! But you can get him back! Take that Inselaffe!”
The group on the floor now starts to shake little match box. Creating a tense rhythm.

 Female voice: “Oh, Darling … what is the German word for matchbox …”

 The main male character rises. The shaking of the match boxes stops. He starts to stutter.
“Stri …”

Now the people shake the boxes building up an even more intense rhythm like for a great finale.

“Strichenblocken!”
“Oooooooooooohhhhhh!”

The matchboxes are quiet now. The people are “oohhhing” disappointedly.

Then they start the shaking again.

Female voice:
“Try again. Darling.”
“Streich … holz … schaltshoooonshen.”
“oooooooooooohhhhhh!”

The match boxes are quiet now. The people are “ohhhing” disappointedly.
Then they start the shaking again.
The tension rises.
“Streich …holz …schächt …el … chen …!”

It is absolutely quiet.
And in the middle of the quietness the main female voice shouts out loud.
Jawohl!”

The people scream: “Hurra!” jump up and hop off stage in a cheerful, happy mood.

 The lights go out. Then a match is enlightened by the main female. She looks towards the main male character, he gets up too now.

Female voice: “I love you. (Darling).”
Male voice: I Love you, too. (Schatz).”

Then, they blow out the match. Together.